UBIEXP – UBI Experiments

Internationale Konferenz
zur politischen-, philosophischen-, sozialwissenschaftlichen- und Richtlinien-Analyse von Grundeinkommensexperimenten

vom 1. bis 3. Juli 2021
an der Universität Minho in Braga, Portugal

Projektpartner:
Stanford Basic Income Lab
 (Stanford University, USA)
Freiburg Institute for Basic Income Studies (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Germany)
Jain Family Institute (New York, USA)
Associação Rendimento Básico Incondicional (Portugal)

Wenn Sie an einer Teilnahme interessiert sind, senden Sie bitte bis zum 20. März 2021 eine E-Mail an Roberto Merrill (nrbmerrill@gmail.com) und Bru Laín (bgrafic@gmail.com) mit Ihrem Namen, Ihrer Zugehörigkeit zu einer Institution und einer kurzen Biographie.

Wenn Sie Forschungsergebnisse präsentieren möchten, senden Sie bitte den Titel ihrer Präsentation und ein Abstract von 300-500 Wörtern bis zum 20. März 2021.

Die Teilnahme ist kostenlos.

BIEN 2021 – Call for Papers

Der Basic Income Earth Network Weltkongress – BIEN Kongress 2021 – findet in diesem Jahr vom 18. Bis 21. August in Glasgow, Schottland, statt.
(Unter der Voraussetzung, dass die Maßnahmen zum Schutz vor der Pandemie es zulassen.)

Wenn Sie auf dem Kongress vor einem internationalen Fachpublikum einen Beitrag leisten möchten, reichen Sie bitte das ausgefüllte Beitragsformular bis zum 16. April 2021 ein.

Auf dem BIEN-Kongress präsentierte Beiträge können für den Basic Income Studies Preis 2021 bis zum 1. Oktober 2021 eingereicht werden.

Vortrag zum Modell Basisgeld von Prof. Dr. Alexander Spermann

Prof. Dr. Alexander Spermann ist Gastprofessor an der Götz Werner Professur und wird ein FRIBIS Team leiten zur weiteren Ausarbeitung seines Modells eines Basisgeldes, das eine Entwicklung der heutigen Sozialleistungen in die Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens voranbringen kann.

Am Donnerstag, den 11. Februar um 10 Uhr hielt er einen Zoom-Vortrag zu dem Modell des Basisgeldes.

Folien zum Vortrag

Funding Basic Income by dept-free Sovereign Money – Vortrag von Geoff Crocker

Ankündigungstext:

Schuldenfreies, souverän verwaltetes Geld ist da. Wie kann das sein?
Weil die Covid-Krise gezeigt hat, dass es möglich ist.

Während der Covid Krise mussten viele Träger von Staatsschulden – wie Anlagenfonds, ausländische Banken und Hedge Fonds – ihre Anleihen verkaufen, um die großen Abhebungen ihrer eigenen Investoren decken zu können.

Zentralbanken wie die US-Amerikanische Fed und die Britische Bank of England mussten einschreiten und Staatsanleihen kaufen, um ihre eigenen Preise konstant und die Zinsen niedrigzu halten. In den USA wurden auf diese Weise mehr als $2 bil in Staatsanleihen gekauft, in Großbritanien £875 mrd.

Ein ungewollter Effekt dieser Käufe ist, dass Zentralbanken nun einen Großteil der Staatsschulden halten. Die Regierungen müssen natürlich Zinsen an die Zentralbanken zahlen und die Schulden einlösen, aber dass hier ein Staatsorgan Schulden bei einem anderen hat, läuft auf ein Nullsummenspiel hinaus. Es ist schuldenfreies, souverän verwaltetes Geld.

Daraus ergibt sich eine Herausforderung: warum verteilt man dieses schuldenfreie, souverän verwaltete Geld nicht direkt, um ein Gruneinkommen zu finanzieren und den Sparmaßnahmen entgegenzuwirken? Dieser Vorschlag ähnelt der Modernen Geldtheorie, unterscheidet sich aber in dem Punkt, dass das Geld erschaffen werden soll, ohne Schulden aufzunehmen.

Ausschreibungen zur FRIBIS Nachwuchsforschergruppe

Das Freiburger Institut zur Erforschung des Grundeinkommens (FRIBIS) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bietet zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Rahmen der
FRIBIS-Nachwuchsforschungsgruppe
insgesamt
6 Promotionsstellen (wissenschaftliche Mitarbeitende)
befristet für die Dauer von zunächst 3 Jahren mit 75 % und Vergütung gemäß TV-L 13.

Bewerbungen aus den folgenden Fachbereichen sind besonders willkommen:
• Erziehungs- und Bildungswissenschaft
• Ethnologie
• Informatik und Digitalisierung
• Psychologie
• Theologie, insbes. Caritaswissenschaft und Pflegeökonomie
• Wirtschaftswissenschaften
Interessierte aus weiteren benachbarten Fächern sind ebenfalls aufgefordert, ihre Bewerbung einzureichen.

Bewerbungen bitte an bewerbung@fribis.uni-freiburg.de Die volle Ausschreibung finden Sie hier:

 

Ausschreibung deutsch

Bedingungsloses Grundeinkommen – Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Sozialen Marktwirtschaft

Prof. Dr. Bernhard Neumärker (Götz Werner Professur (GWP) für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie / Freiburger Institut für Grundeinkommensstudien, FRIBIS)

Bedingungsloses Grundeinkommen.
Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Sozialen Marktwirtschaft

Systeme des „Fordern und Fördern“ wie Hartz IV zeigen in zunehmendem Maße eklatante Schwächen des Sozialstaats auf. Auch wird verdeutlicht, dass sich die verschiedenen Säulen des Sozialstaats letztlich einseitig auf Erwerbsarbeit beziehen.
Neben einem neuen ordoliberalen Konzept, das insbesondere auf Zeitsouveränität statt (scheinbarer) Konsumentensouveränität beruht, wird gezeigt, dass sich auch der Begriff der (Um)Verteilung und Ungleichheit nicht starr auf Einkommens- und Vermögenspositionen beziehen darf, um zentrale Herausforderungen sozialpolitischer Zukunft hinreichend zu beleuchten und zu lösen. In diesem Kontext wird das bedingungslose Grundeinkommen als konkurrenzlose Staatsmaßnahme eingeführt,
das als einfache gesellschaftlich transparente Maßnahme Freiheits- und Gerechtigkeitsfragen in den Griff bekommen kann. Dazu zählen Fragen der Verteilung von Freizeitoptionen, Freiheit zu Kreativität und Muße, Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitswelt und Freiheit von Ausbeutung. Mit solchen Reformtreibern des Sozialstaats wird die politische Relevanz des Grundeinkommens für den sozialstaatlichen Wandel aufgezeigt.

Sie können den Vortrag in voller Länge über die Mediathek der Universität Freiburg sehen.

Video Interview mit Prof. Dr. Bernhard Neumärker

Hierzu das ausführlichere schriftliche Interview mit Prof. Neumärker.

Würde ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) in der Coronakrise besser helfen als die vom Staat gewährten Stundungen und Kredite?

Prof. B. Neumärker: Ja. Statt des ständigen Nachbesserns aufgrund neuer Hilfsnotwendigkeiten und der teilweise künstlichen Regeln für die Gewährung von Geldern träte eine unbedingte Absicherung für alle. Meine Idee eines Netto-Grundeinkommens (NGE) sieht vor, dass jede Person in der Bevölkerung während der Krisenzeit monatlich und bedingungslos € 500-700 bekommt, und dass Miet- und Kreditzahlungen ausgesetzt werden. Erst nach der Krisenzeit können sie wieder aufgenommen werden. Netto meint also: ohne Miet- und Kreditzahlungen. Das ausgezahlte NGE zuzüglich (ausgesetzte) Miet-, Zins- und Tilgungsleistungen ergibt den Bruttobetrag, der dann für ein Grundeinkommen außerhalb von Krisenzeiten als Orientierungspunkt dienen kann. Vermieter und Kreditgeber sowie deren Angestellte bekommen in der Krise selbstverständlich auch ein NGE.

Auf diese Weise müssen keine Kredithilfen oder Transfers gegeben werden, um ganz im Sinne herkömmlichen Denkens Miete und Kredite bezahlen zu können. Denn diese Einkunftsarten können mit der NGE-Einführung “stillgelegt” werden.

Zinseinnahmen aus Vermietung, Verpachtung und Geldverleih sind aus ordnungspolitischer Sicht “leistungslose Einkommen”, die in der Krise nicht vorzüglich zu bedienen sind.

Statt im Einzelfall Miet- und Kreditstundungen zu ermöglichen bzw. auszuhandeln, ist dies mit dem NGE von vorneherein und für alle grundsätzlich geregelt.

Damit wird vielen Selbständigen, Kleinunternehmern und Start-Ups unter die Arme gegriffen, aber auch jeder andere hat eine Grundsicherheit, wenn die Krise ihn arbeitseinkommensmäßig trifft. Kredithilfen sind in weit geringerem Maße nötig.

Das NGE ist ein “symmetrisches” Konzept zur “Krisengerechtigkeit“. Ansonsten kommt es zu einer gigantischen Umverteilung hin zu Miet- und Zinseinkommensbeziehern, da deren Einkommen ungehindert weiterlaufen bzw. zwischenzeitlich durch zusätzliche Kreditaufnahme anderer finanziert werden, während aufgrund der Maßnahmen der Regierung zur Krisenbewältigung viele ihr Einkommen für eine Zeit lang unwiederbringlich einbüßen.
Das NGE ist vergleichsweise einfach zu finanzieren, da es sich auf einem relativ geringen Finanzierungsniveau bewegt. Ich rechne mit € 50 MRD mehr auf die bestehenden Ausgaben des traditionellen Sozialsystems. Allerdings: Gesundheit hat in der momentanen Krise eine besondere Rolle, weswegen die Ausgaben des Gesundheitswesens und der damit verbundene Teil des Sozialversicherungssystems natürlich extra betrachtet werden muss.

Mit dem NGE wird eine Basis des Verbrauchs finanziert, der selbstverständlich auch in der Krise nötigt ist.

Die darauf aufbauenden wichtigen Geschäfte können natürlich weiterhin Arbeits-, Gewinn- und Kapitaleinkommen erwirtschaften.
Asymmetrie entsteht in der Krise durch diese weiterlaufenden Tätigkeiten und vor allem notwendige Leistungen für Gesundheitsmaßnahmen und kritische Infrastruktur. Dafür muss der Staat auch bei einem NGE extra Töpfe aufmachen.

Der große Anteil unentgeltlicher Arbeit in der Gesellschaft – mehr als 50% aller geleisteten Arbeit – wird mit dem NGE ebenfalls sichergestellt. Dies betrifft z.B. die Sorgewirtschaft (Pflege, Kinder hüten, etc.) und damit eher eine klassische Domäne der Frauen. Das NGE ermöglicht Leben und damit auch Arbeiten, egal wie hoch deren Rentierlichkeit am Markt für „Investoren“ ist.

Das Krisensicherheit und Krisengerechtigkeit erzeugende NGE bildet die Basis in einem Reformkonzept der langfristigen Einführung eines ausgebauten bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) u.a. anstelle von Arbeitslosengeld und Basisrente. Das NGE kann im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung nach der Krise zu einem “partizipativen BGE” aufgestockt werden, das heißt zu einem BGE von ca. € 1200 bis € 1500 im Monat, da mit dem wieder einkehrenden „Normalbetrieb“ der Wirtschaft auch ein höheres Grundeinkommen finanzierbar ist. „BGE“ bedeutet in diesem Reformschritt dann entgegen dem Netto-Grundeinkommen zugleich Brutto-Grundeinkommen.

Bei einer nächsten Krise kann das BGE gleich einem „Krisenautomatismus“ wieder auf ein NGE heruntergefahren werden, womit die Bevölkerung grundsätzlich abgesichert ist.

Die alte Latrinenparole, das BGE sei nicht finanzierbar und würde zu Faulheit im großen Stil führen, lässt sich durch die Krisenerfahrung nicht aufrechterhalten.

Mal europaweit gedacht: Sehen Sie im BGE auch eine Lösung für die Menschen in den besonders betroffenen Regionen in Spanien und Italien?

Prof. B. Neumärker: In Spanien wird das bedingungslose Grundeinkommen bereits in Erwägung gezogen. Man sieht die beschriebenen Vorteile. Aber die politische Durchsetzbarkeit hängt an Politikern, die das Neue auch jetzt noch nicht denken können und im alten großteils neo-liberalen, einseitig oder zumindest dominant wettbewerblich ausgerichteten Wirtschaftssystem aus der Zeit vor der Krise verhaftet sind. Marktkonforme bzw. kapitalgelenkte Wirtschaftspolitik steht in Spanien vor allem wegen der Tatsache einer Minderheitsregierung auf der Kippe.

Ich würde auch im Hinblick auf den europäischen Zusammenhalt für die sogenannte Euro-Dividende plädieren, die europaweit als BGE ausgezahlt wird und auf nationale Sozialsysteme aufgesetzt werden kann. Der Betrag einer Eurodividende wäre z. B. € 250 pro Monat für jeden Bürger der EU. Dieser Betrag kann in der Krisenzeit durch Euro-Bonds und danach durch MwSt. oder – noch besser – durch eine Steuer auf die Integrationsgewinne finanziert werden, denn die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vor- aber auch Nachteile der europäischen Integration tragen ja alle Bürger mit. Dies ist eine Solidarität auch in dem Sinne der Toleranz, dass Integrationsgewinne heute recht ungleich verteilt sind. Man „toleriert“ auf internationaler Ebene die hohen Integrationsgewinne Deutschlands, dafür zeigen die Deutschen „Dankbarkeit“ für die ärmeren Regionen und Länder. Auch national werden mit der Euro-Dividende individuell unterschiedliche Integrationsgewinne und -verluste akzeptabel.

Durch die Coronakrise kommen auf alle Staaten Belastungen in nie da gewesener Höhe zu. Wie ließe sich das BGE gegenfinanzieren?

Prof. B. Neumärker: Im Vergleich zur immensen Schuldenaufnahme z.B. Deutschlands für allerlei Kredithilfen, die die Bürger langfristig wegen der Kreditrückzahlungen des Bundes und der Bedienung der aufgenommenen Kredite finanziell sowohl über das öffentliche Budget als auch privat knebeln und in Abhängigkeiten treiben, wäre die staatliche Kreditaufnahme in der Krisenzeit zur Finanzierung des NGE relativ gering. Die Finanzierung in der Krise wäre also durch Kreditaufnahme des Bundes vergleichsweise kommod.

In Post-Krisenzeiten kann das NGE zum BGE ausgebaut und durch MwSt. oder als negative Einkommensteuer finanziert werden. Die Bevölkerung wird diese Absicherung sicherlich goutieren und die Finanzlast nicht als zu hoch ansehen.

Ökonomen erwarten nach der Coronakrise eine schwere Wirtschaftskrise. Was würde das bedingungslose Grundeinkommen in der Situation einer stark gebremsten Wirtschaft bedeuten? Die Menschen hätten zwar Geld, es gäbe aber keine Waren zum Kaufen?

Prof. B. Neumärker: Solange die Wirtschaft nicht auf Leistung angefahren ist, bedient das Netto-Grundeinkommen die „Aufrechterhaltungswirtschaft“: Nahrungsmittel, Grundversorgung, Erhalt kritischer Infrastruktur. Die Regierung muss hier nur dafür sorgen, dass der dafür benötigte Handel aufrecht erhalten bleibt. Die Nachfrage ist ja durch das NGE grundsätzlich gesichert.

Je nachdem, wie schnell sich Wirtschaft und Gesellschaft (!) erholen, kann das NGE bis zum partizipativen BGE aufgestockt werden. Durch den Aufbau der Produktion gibt es dann ja mehr Güterkonsumpotential. Dabei haben die Menschen durch das bedingungslose Grundeinkommen aber auch noch Zeitsouveränität und Selbstbestimmungsoptionen hinzugewonnen. Damit wird zugleich Macht in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zum Individuum hin umverteilt. Die Bürger sollten sich das was kosten lassen.

Für wie realistisch halten Sie Ihre Szenarien? Wann wäre die beste Zeit, das bedingungslose Grundeinkommen umzusetzen?

Prof- B. Neumärker: Die beste Zeit ist jetzt und so schnell wie möglich.

Die Diskussion kommt immer mehr ins Rollen. Nicht nur in Spanien: Es laufen auch in Deutschland recht erfolgreich Petitionen, da vor allem für Selbständige, Kleinunternehmer, Künstler, aber auch Arbeitnehmer, die plötzlich entlassen werden, sich nicht hinreichend durch die unkonventionell konventionelle Politik geschützt sehen. Es besteht eine hohe Privatinsolvenzgefahr. Die Leute wollen nicht von der Gängelung scheinbarer Erfordernisse abhängig sein und nicht von der fraglichen Treffsicherheit einzelner Transferzahlungen und Kredithilfen, wo doch jeden Tag neue „Notwendigkeiten“ das bisherige Staatshandeln immer wieder obsolet machen und den Staat auch schwach werden lassen.

Dieses jetzige Vorgehen ist ein Muddling through der unstrukturierten Art und Weise, das abgestellt gehört. Wenn eine Vielzahl der Bürger das erkennt – und die BGE-Einführungsforderung kommt ja aus der Zivilgesellschaft – und wenn der Staat immer weniger strukturiert zu handeln weiß, hat das BGE eine Einführungschance, und zwar vor allem durch das NGE in der Krise.

Der anschließende Reform- und Verstetigungsschritt in der Postkrisenzeit wird auf den Erfahrungen mit dem Krisen-Grundeinkommen aufbauen können und folglich mehr Rückhalt in Gesellschaft und Politik haben als eine Einführung des partizipativen BGE in guten Zeiten. Die Krise ermöglicht einen begründbaren graduellen Aufbau statt einer Big Bang-BGE-Reform oder eines abgespeckten, nicht zeitgerechten partiellen BGE nur um des Willens erhöhter Implementierungschancen in einer Phase prosperierender Wirtschaft.